Was ist Neurodermitis?

Neurodermitis, auch atopisches Ekzem oder atopische Dermatitis genannt, ist eine sogenannte Systemerkrankung. Das bedeutet, sie ist nicht nur auf die Haut begrenzt. Bei Menschen mit Neurodermitis ist das Immunsystem des Körpers aus den Fugen geraten. Es kommt zu einer Fehlregulation und damit zu einer Immunantwort gegen eigentlich harmlose Substanzen. Bestimmte Zellen des Immunsystems sind überaktiv und verursachen die andauernde und wiederkehrende – also chronische – Entzündung der Haut.

Das äußert sich bei Betroffenen durch die typischen Hautveränderungen und Juckreiz. Das Spektrum der Erkrankung reicht dabei von milden, symptomarmen bis hin zu schweren Verlaufsformen. Die Krankheit verläuft in Schüben: Es gibt Phasen, in denen Betroffene kaum Beschwerden verspüren, und Phasen, in denen sie unter starken Ekzemen sowie entzündeten und juckenden Hautstellen leiden.

Neurodermitis tritt meistens im Kindesalter zum ersten Mal auf. Rund 1,4 Millionen Kinder und Jugendliche sind in Deutschland davon betroffen und rund 2,2 Millionen Erwachsene. Da Neurodermitis keine virale oder bakterielle Erkrankung ist, findet auch keine Keimübertragung von einer Person zur anderen statt. Neurodermitis ist also nicht ansteckend.

Was sind die Ursachen von Neurodermitis?

Es gibt unterschiedliche Faktoren, die eine Neurodermitiserkrankung auslösen können. Häufig ist eine Kombination aus mehreren Faktoren ursächlich, wie etwa eine Neigung zu der Hautkrankheit durch Vererbung oder eine gestörte Barrierefunktion der Haut. Wissenschaftler haben 4 Komponenten identifiziert, die eine Neurodermitis begünstigen können: Genetische Veranlagung, Überempfindlichkeit des Immunsystems, gestörte Barrierefunktion der Haut und verschiedene Umweltfaktoren

Umweltfaktoren sind äußere Faktoren, die das Krankheitsgeschehen beeinflussen können. Im Fachjargon spricht man von Provokationsfaktoren, weil sie das Auftreten der Symptome „provozieren“ können. Man nennt diese Faktoren auch Trigger oder Auslöser. Diese sind bei jedem Patienten individuell und können sich im Laufe der Zeit auch verändern.


Im Gegensatz zu den anderen Ursachen sind die äußeren Auslöser teilweise beeinflussbar. So kann neben der Vermeidung von Stress und Allergenen die Wahl von Pflegeprodukten oder der Stoffe von Kleidungsstücken bereits zu einer Entlastung der Haut führen.


Welche Rolle spielen Allergien?
Viele Neurodermitis-Patienten haben auch eine Allergie – z. B. gegen Pflanzenpollen, Tierhaare oder Hausstaubmilben. Substanzen, die eine Allergie auslösen, zählen auch zu Provokationsfaktoren. Sie sind eigentlich harmlos, werden aber vom Körper als fremd erkannt und vom Immunsystem „bekämpft“. Bei Patienten mit Neurodermitis kann der Kontakt mit Allergenen einen Neurodermitis-Schub provozieren.

Was sind die Symptome bei Babys und Kindern?


Auch Säuglinge können bereits Neurodermitis bekommen. Bei ihnen bilden sich zunächst kleine Bläschen im Gesicht und auf der Kopfhaut. Zudem kann sich aus den bei Babys vorhandenen schuppenartigen gelblichen Krusten, dem sogenannten Milchschorf, eine Neurodermitis entwickeln. Weiterer Ausschlag und gerötete Haut entsteht meistens auf den Außenseiten der Arme und Beine.

Bei Kleinkindern beginnen die Ekzeme häufig zu nässen bei gleichzeitiger Trockenheit. Sie befinden sich eher in Kniekehlen und Armbeugen und an den Knöcheln und Ellenbogen.

Was sind die Symptome bei Erwachsenen?

Der Schweregrad der Symptome ist individuell unterschiedlich. Häufige Beschwerden infolge einer Neurodermitis sind:

Ekzeme auf dem Oberkörper

Entzündete Stellen in den Arm- und Beinbeugen

Hauttrockenheit und Juckreiz

Handekzeme

Wie Neurodermitis behandelt wird


Da die Symptome einer Neurodermitis von Person zu Person variieren, muss die Behandlung individuell an den Schweregrad der Erkrankung angepasst werden. Zur Linderung der Hauttrockenheit empfehlen sich Pflegecremes oder Lotionen mit rückfettenden Inhaltsstoffen, die noch dazu Feuchtigkeit spenden. Sie sollten möglichst wenig Zusatzstoffe, wie Konservierungsmittel oder Parfum enthalten, um die empfindliche Haut nicht zusätzlich zu reizen.

Selbst wenn Betroffene längere Zeit keinen Schub haben, brodelt die Entzündung unter der Hautoberfläche oft weiter. Moderne systemische Therapien setzen hier an und regulieren die Reaktionen des fehlgeleiteten Immunsystems. Im Folgenden stellen wir Ihnen systemische Therapien vor, die nicht nur bei akuten Schüben, sondern auch langfristig zur Linderung beitragen können.

Was ist eine systemische (innere) Therapie?

Systemische Therapien kommen zum Einsatz, wenn die Erkrankung mit äußerlichen Behandlungsmethoden wie Cremes oder Salben nicht mehr ausreichend kontrolliert werden kann. Sie werden innerlich angewendet – entweder durch die Einnahme von Tabletten oder durch Injektionen unter die Haut. Die Wirkstoffe verteilen sich über den Blutkreislauf im gesamten Körper und wirken zielgerichtet an bestimmten Zellen des Immunsystems. Das Ziel ist es dabei, die Ursache der Neurodermitis gezielt von innen zu bekämpfen. Dabei wird zwischen klassischen und modernen Therapieansätzen unterschieden.

Klassische systemische Therapien

Früher wurden vor allem Immunsuppressiva wie Kortison und Ciclosporin eingesetzt. Diese Therapien sind jedoch nur für den kurzfristigen Einsatz geeignet, da sie bei längerer Anwendung schwere Nebenwirkungen verursachen können.

Moderne systemische Therapien:

Heute weiß man, dass Neurodermitis eine Typ-2-Entzündung ist, bei der das Immunsystem durch Botenstoffe wie Interleukin-4 und Interleukin-13 aus dem Gleichgewicht gerät. Diese Entzündung führt zu Hautveränderungen und Juckreiz. Zu den modernen Therapieoptionen gehören Biologika und JAK-Hemmer, die besonders für eine langfristige Anwendung geeignet sind.

Biologika:

  • Biologika sind eine Gruppe von Medikamenten, die biotechnologisch hergestellt werden.
  • Die Therapie ist ein verhältnismäßig neuer Ansatz, der die Behandlung vieler Erkrankungen revolutioniert hat.
  • 2017 wurde das erste Biologikum zur Therapie der Neurodermitis zugelassen.
  • Moderne Medikamente können hartnäckigen Juckreiz und Entzündungen langfristig lindern.

JAK-Hemmer

  • Januskinase (JAK)-Inhibitoren gehören zu den sogenannten kleinen Molekülen. Sie greifen in das Immunsystem ein, indem sie bestimmte Enzyme hemmen, die Januskinasen. Sie greifen etwas später in das Krankheitsgeschehen ein als Biologika.
  • Sie spielen unter anderem beim Entzündungsgeschehen eine Rolle.
  • Sie verhindern, dass das Entzündungssignal der Botenstoffe in die Zelle weitergeleitet wird (wogegen Biologika verhindern, dass das Signal überhaupt entsteht).
  • Durch ihre Wirkweise können sie helfen, Neurodermitis-Symptome wie Juckreiz und Ekzeme zu lindern.
  • Sie werden in der Regel als Tabletten eingenommen.

Welche Hausmittel helfen gegen Neurodermitis?

Bei einer schweren Ausprägung der Krankheit sind natürliche Mittel möglicherweise eher wirkungslos, aber bei leichtem bis mäßigem Juckreiz können auch einige Hausmittel Abhilfe schaffen. So kann beispielsweise Quark auf besonders entzündete Stellen aufgetragen werden. Die darin enthaltenen Milchsäurebakterien lindern die Beschwerden und haben zudem einen kühlenden Effekt.

In Schwarztee getränkte Kompressen können vor allem nässende Ekzeme lindern, da die im Tee enthaltenen Gerbstoffe dafür sorgen, dass sich die Poren wieder verengen und wunde Hautstellen so besser abheilen. Zudem wirken sie entzündungshemmend und mindern den Juckreiz.

Laut Studien hat die Behandlung mit Nachtkerzenöl zwar keinen erwiesenen Effekt auf das Abheilen von Ekzemen, allerdings enthält es Omega-6-Fettsäuren, die beruhigend und regenerativ auf die Haut wirken.