Frauen und Männer unterscheiden sich anatomisch. Am deutlichsten sieht man diesen Unterschied an den Geschlechtsorganen. Aber auch andere Organe und Gefäße lassen Unterschiede zwischen Frau und Mann erkennen.
Neben biologischen Unterschieden bezieht sich die Gendermedizin nicht nur auf biologische Faktoren, die es bei der geschlechtsspezifischen Gesundheitsversorgung zu berücksichtigen gilt, sondern auch auf soziale und kulturelle Einflüsse. Geschlechterstereotypen und Rollenbilder spielen hierbei eine entscheidende Rolle und führen nicht selten zu gesundheitlichen Problemen wie Essstörungen oder psychischen Erkrankungen.
Und trotzdem sterben prozentual mehr Frauen, die einen Herzinfarkt erleiden als Männer. Durch geschlechtsspezifische Medizin wurde herausgefunden, dass Frauen bei einem Herzinfarkt häufig andere Symptome haben als Männer. Das klassische Ziehen im linken Arm und Schmerzen in der Brust kann bei beiden Geschlechtern auftreten. Bei Frauen ist es nur oft nicht so stark. Häufiger sind Schmerzen im Oberbauch oder Übelkeit mit Erbrechen. Die Unterschiede in den Symptomen führen auch heute noch dazu, dass ein Herzinfarkt bei einer Frau oftmals viel später als bei einem Mann diagnostiziert wird – oft auch zu spät, was die hohe Sterberate verrät.
Obgleich in Studien bereits herausgefunden wurde, dass Frauen und Männer unterschiedliche Dosierungen oder sogar gänzlich unterschiedliche Therapieansätze benötigen, werden die meisten Medikamente, bevor sie am Menschen getestet werden in Tierversuchen mit Mäusen getestet. Dabei kommen fast nur männliche Tiere zum Einsatz, da die Forscher befürchten, dass der weibliche Hormonzyklus der Maus die Testergebnisse beeinflussen könnte. Statt genau diese Unterschiede zu erforschen, werden diese bei der Zulassung von Medikamenten häufig nicht berücksichtigt.
Auch in Pharmastudien sind Frauen unterrepräsentiert. Häufig weiß man deshalb wenig über geschlechterspezifische Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten. Der Grund, dass Frauen so selten an Pharmastudien teilnehmen, hat einen traurigen Ursprung: Durch den Contergan-Skandal in den 1950er und 1960er Jahren hat man sich entschlossen Frauen zum Schutz von ungeborenem Leben bei Pharmastudien weitestgehend auszuschließen. Für die geschlechterspezifische, medizinische Forschung bedeutet dies jedoch auch Einschränkungen bei Forschungsergebnissen.